Seeshaupt: Gedenktafel am Bahnhof

Gedenktafel „Seeshaupt im April 1945“ am BahnhofSeeshaupt, 30. April 1945, der grausame Krieg ist kurz vor seinem Ende. Die Amerikaner erobern Deutschland Stück für Stück. In den letzten Tagen hatten die Nazis noch versucht möglichst viele Gefangene der KZ auf die sogenannten Todesmärsche zu schicken oder in Güterwagons quer durch das Land zu fahren. Die Amerikaner sollten die angerichteten Gräuel nicht sehen, darum wurde die Konzentrationslager geräumt. Sie sahen es dennoch! Ein Zug war schon seit Tagen vom KZ-Aussenlager Mühldorf-Mettenheim aus unterwegs und hatte am 30. April 1945 Seeshaupt am Starnberger See erreicht. Anfangs bestand der Zug aus gut 70 Waggons und hatte fast einen Kilometer Länge. Am Münchner Südbahnhof wurde der Zug später geteilt und jeder Teil fuhr in eine andere Richtung. Ein Teil mit zwischen 2000 und 3000 Gefangenen fuhr über Starnberg, Tutzing nach Seeshaupt.  Manche sagen, dass der Zug hier liegenblieb, weil nahe München Trafostationen bombardiert wurden und kein Strom mehr auf den Fahrleitungen gewesen ist. Andere sprechen von einer Befreiung durch die Amerikaner. Das Gräuel zeigte sich den Befreiern in Form von knapp 1800 halb verhungerten Gefangenen und 68 Tote in diesem Zug. Sie waren so schockiert, dass angeordnet wurde, dass aus jedem Haus in Seeshaupt eine Person zum Bahnhof gehen und sich das Unheil ansehen solle. Danach wurde Seeshaupt zur Plünderung freigegeben. Die ausgemergelten Gefangenen jedoch waren dafür zu schwach und wurden auf die Seeshaupter Häuser verteilt. Das war der Tag, als die Grausamkeiten der Nazis auch diesen Ort am Starnberger See erreichten. Die ganze Geschichte über den Todeszug hatte der Seeshaupter Filmemacher Walter Steffen im Jahr 2011 unter dem Titel „Endstation Seeshaupt“ in die Kinos gebracht. In der Bahnhofstraße, durch die die befreiten Gefangenen in das Dorf Seeshaupt gingen steht schon seit vielen Jahren ein Denkmal. Nun wurde auch am Seeshaupter Bahnhof eine Gedenktafel in drei Sprachen angebracht. Nach einigem Hin und Her seitens der Gemeinde über Form und Platz der Anbringung ist die Tafel im Jahr 2015 an der Nordseite des Bahnhofs montiert und eingeweiht worden. Auf ihr findet sich ein erklärender Text in Deutsch, Englisch und Hebräisch. Zusammen mit dem Mahnmal in der Bahnhofstraße und dem Grabmal auf dem Seeshaupter Friedhof vervollständigt es den „Weg der Erinnerungen“, Erinnerungen an eine grausame und menschenverachtende Zeit. Erinnerung aber auch daran, dass so etwas unfassbares niemals wieder in Deutschland oder anderswo geschehen darf. Um es mit den Worten von Max Mannheimer an die nachfolgenden Generationen zu sagen: „Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschehen ist, sondern nur für das, was in der Zukunft geschehen wird“. Diese Worte sind auch auf der neuen Gedenktafel zu lesen …  

  Autor: cam für fuenfseenland.de

Über den Autor: christian andreas mueller

Heimatforscher, Naturschützer, Energieeinsparer, Apple-Fan, Ex-Verlagsbetreuer, Hobbygärtner und gebürtiger Fünfseenland'ler. Geboren in Starnberg und aufgewachsen in Seeshaupt, kennt er die Gegend wie seine Westentasche.